„Eigentlich würde ich jetzt in einer Baugrube sitzen, aber die Häuser stehen! *
*Aktuelle Aussage einer Bewohnerin aus der Quäkerstr. 1-9
Bereits seit Juni 2017 setzen wir uns als BewohnerInnen des Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen gemeinsam für den Erhalt unserer Häuser und Wohnungen ein. Denn der Vorstand der Familienheim-Genossenschaft hatte zu diesem Zeitpunkt angekündigt, das Gebiet modernisieren zu wollen. Konkret sollte in einem ersten Bauabschnitt ab Anfang 2019 die Quäkerstraße 1-9 abgerissen und das Gelände neu bebaut werden. Ab 2021 sollten weitere Maßnahmen folgen…Bauabschnitt für Bauabschnitt.
Mit dem Wahlkampf zur Oberbürgermeisterwahl und im Kontext der Freiburger Wohnungsnot – vor allem im preiswerten Mietsegment – erlangte unser Quartier und der mit einem Abriss drohende Verlust bezahlbaren Wohnraums große kommunalpolitische Brisanz.
Der heutige Oberbürgermeister Martin Horn wie auch viele Fraktionen des Gemeinderates sprachen sich für den Erhalt des gesamten Quartiers aus. Im November 2018 schließlich beschloss der Gemeinderat einstimmig, die Stadt solle den Versuch unternehmen, mit dem Vorstand des Familienheims eine freiwillige Vereinbarung auszuhandeln, um den Erhalt der Bewohnerschaftsstruktur des gesamten Quartiers zu gewährleisten. Ansonsten sollte im Mai 2019 für das ganze Quartier die Aufstellung einer sozialen Erhaltungssatzung (Milieuschutz) beschlossen werden. Der Vorstand lehnte Verhandlungen ab.
Nun stehen wir vor dem Mai 2019 und die Stadtverwaltung hat Drucksachen als Beschlussvorlagen für die gemeinderätlichen Vorberatungen erstellt. Die endgültige Abstimmung über die Aufstellung der sozialen Erhaltungssatzung, an die sich eine intensive Prüfung mittels Haushaltsbefragungen anschließt, ist für die Gemeinderatssitzung am 07.05.2019 vorgesehen.
So erfreut wir BewohnerInnen darüber waren, dass laut der Vorlagen für den östlichen Quartiers-Teil von der Quäkerstr. bis zur Dreikönigstr. neben einer sozialen auch die Aufstellung einer baulichen Erhaltungssatzung beschlossen werden soll, so schockiert waren wir darüber, dass derzeit für das Areal westlich der Quäkerstr.1 gar kein Schutzstatus vorgesehen ist. Damit lägen 20 % des Quartiers nicht im Milieuschutzgebiet.
Rot markiert = nicht berücksichtigt, Grün markiert = aktuell geplantes Milieuschutzgebiet (soziale und bauliche Erhaltungssatzung)
(Bilddaten: Stadt Freiburg, 2018)
Bereits Ende März hatten wir die Stadtverwaltung um die Erweiterung des Gebietsumgriffs entsprechend der Beschlusslage aus dem November 2018 gebeten. In einer das bisher angedachte städtische Vorgehen rechtfertigenden Antwort schrieb uns das zuständige Amt aktuell, dass der Nachweis eines Milieus im Zentrum der städtischen Bemühungen stünde.
Dies könne eher bei einer kleinräumigen Betrachtung gelingen und in diesem Bereich – also östlich der Quäkerstraße – solle entsprechend auch die Haushaltbefragung erfolgen. Genau diese kleinräumige und detaillierte Untersuchung sehen auch wir als notwendig an, jedoch unter Integration der drei Gebäude im Areal westlich der Quäkerstraße, da viele triftige Gründe dafürsprechen:
Es existiert ein eindeutiger Gemeinderatsbeschluss, dessen Gültigkeit
Oberbürgermeister Martin Horn in einem Schreiben an „Wiehre für alle“ Anfang März
nochmals bekräftigt hat.
• Eine Gebietsabgrenzung einer sozialen Erhaltungssatzung ist laut uns vorliegender
anwaltlicher Aussage nicht an Straßenverläufe gebunden, sondern kann durchaus
straßenseitenübergreifend und parzelliert verlaufen. Beispiele dafür gibt es aus
anderen Städten zur Genüge, beispielsweise aus München und Berlin.
• Die Gebäude weisen westlich wie östlich der Quäkerstraße gleiche
Wohnungsstrukturen in Zuschnitt, Zimmeranzahl, Größe und Mieten auf.
• Die Gebäude wurden zur etwa gleichen Zeit errichtet und weisen einen ähnlichen
Sanierungsstand auf.
• Die Sozialdatenerhebung von „Wiehre für alle“, die von Kommunalpolitik und
Verwaltung auch mit als Begründung für eine eventuelle Schutzwürdigkeit der
Sozialstruktur herangezogen wurde, wurde für das gesamte Areal erstellt. Die Daten
der BewohnerInnen sind aus allen Bereichen gleichsam eingeflossen.
• Die aktuell zur Beratung stehende Drucksache enthält den Passus, dass der
Geltungsbereich einer sozialen Erhaltungssatzung erst auf Grundlage der
vorgesehenen Untersuchungen abschließend festgelegt werden soll. Insofern
erscheint uns eine detaillierte Haushaltsbefragung auch in den Häusern um den
Gerwigplatz als notwendiges Vorgehen, um alle Optionen zu eröffnen.
• In der vorliegenden Drucksache wird als Begründung für die Prüfung einer sozialen
Erhaltungssatzung im östlichen Teil des Quartiers die Maßnahmenankündigung von
Seiten des Vorstands angeführt. Die Ankündigungen umfangreicher
Modernisierungsmaßnahem gilt aber für das gesamte Gebiet (Schreiben des Vorstands vom 14.06.2017).
Daher arbeiten wir BewohnerInnen des Quartiers nun gemeinsam darauf hin,
dass bis zur Gemeinderatsabstimmung doch noch die Erweiterung des
Milieuschutzgebietes erfolgt und somit ein Ende der äußerst belastenden
Situation und der Angst um die eigenen Wohnungen für die Menschen des
gesamten Quartiers in greifbare Nähe rückt.
Auch für Freiburg und darüber hinaus wäre dies in Zeiten, in denen die Frage
des Erhalts bezahlbaren Wohnraums stadtpolitisches sowie gesellschaftliches
Thema ist, ein wichtiges Zeichen.