Bitte setzen Sie sich gemeinsam mit den Bewohner*innen des genossenschaftlichen Quartiers zwischen den Wiehre–Bahnhöfen Freiburg für den Erhalt der über 300 Wohnungen ein!
Zitat Gestaltungsbeirat Freiburg am 30.11.2017 :
„Das gesamte bestehende Ensemble ist stimmig. In fast jeder Stadt gibt es Orte, die etwas Besonderes ausmachen. Dieses Ensemble ist beispielgebend für die gesamte Stadt Freiburg.“
Vereinbarung von Stadtverwaltung und Familienheim-Vorstand ohne klare Kriterien – „Wiehre für alle“ fordert substanzielle Nachbesserungen.
Die Vollversammlung der Mieterinitiative „Wiehre für alle“ begrüßt, dass die Vereinbarung zwischen Stadtverwaltung und Familienheim-Vorstand Aspekte sozialer und baulicher Erhaltungssatzungen für das Quartier zwischen den Wiehrebahnhöfen aufnimmt. Diese aber sind als nicht nachprüfbare Absichtserklärungen formuliert. Klare und damit überprüfbare Kriterien fehlen. Dazu gehört insbesondere, dass der Erhalt der Gebäude nicht als wesentliches Ziel enthalten ist. Daher muss die Vereinbarung konkretisiert werden. Die Gutachten zur sozialen und baulichen Erhaltungssatzung haben eindeutig ergeben, dass deren Voraussetzungen für das Quartier vorliegen. Dennoch sieht die Vereinbarung, auch gegen die Empfehlung des Gestaltungsbeirats, weiterhin Abrisse als Option ab 2030 vor. Planungssicherheit ist damit nicht gegeben. So bleibt bei den älteren Bewohnerinnen die Angst, im hohen Alter ihre Wohnung verlassen zu müssen. Wohnungen im Quartier werden bei Mieterinnenwechsel üblicherweise renoviert – gemäß der Vereinbarung sollen die Häuser in der Quäkerstraße von dieser Regel ausgenommen werden. Damit würden diese acht weitere Jahre nicht instandgehalten werden. Auf diese Weise ist eine kontinuierliche Verschlechterung der Gebäudesubstanz und ein Abbruch der Gebäude vorprogrammiert – obwohl gemäß Fachgutachter Forspol von 2018 kein baulicher Anlass für einem Abriss vorliegt. Daher muss der Erhalt der Gebäude als klares Ziel in die Vereinbarung aufgenommen werden. Zwar sollen die Genossenschaftlerinnen nun am Planungsprozess beteiligt werden – wie dieser aber genau aussehen soll, ist nicht festgelegt. Unklar formuliert sind u.a. auch die Ziele „günstiger und bezahlbarer Wohnraum“, weil keine Zahlen zu maximalen Mietpreissteigerungen genannt werden. Auch hier müssen konkrete und daher nachprüfbare Kriterien ergänzt werden. „Wiehre für alle“ hatte, wie auch eine große Mehrheit des Gemeinderats, gefordert, bauliche und soziale Erhaltungssatzungen auf den Weg zu bringen – die, im Gegensatz zur Darstellung in der BZ, bisher nicht beschlossen sind. Wenn nun, entgegen dem Auftrag des Gemeinderats, alternativ eine Vereinbarung gefasst werden soll, dann sollte diese entsprechend ausgestaltet sein: Abrisse müssen verhindert und ein hohes soziales Schutzniveau für die Mieterinnen gewährleistet werden. Dies erfüllt die Vereinbarung in ihrer derzeitigen Form nicht und lässt die Bewohner*innen auf viele weitere Jahre im Ungewissen.
In einem Brief haben wir OB Horn, Baubürgermeister Haag und Referatsleiterin Frau Recker gebeten, unsere Thematik in den kommenden Ausschüssen (ab 8.6.2021) zu verschieben, da für uns die Zeit nicht reicht, de Beschlussvorlage zu prüfen und zu diskutieren, auch ggf. mit den Fraktionen. Wir sehen sonst kaum eine Chance, unsere Meinung in den Prozess einzubringen.
20.4.2021: OB Horn verkündet, einem Antrag der Fraktionen Eine Stadt für Alle, SPD/Kulturliste, Freie Wähler und JuPi folgend, die Behandlung der Thematik zu unserem Quartier im:
Bauausschuss am 9.6.2021
Sozialausschuss am 17.6.2021
Gemeinderat am 29.6.2021
Zuvor, Mitte Mai, sollen die Fraktionen über die Ergebnisse der vorausgegangenen Verhandlungen mit dem FH-Vorstand informiert werden.
„Nobelpreis“ für Architektur 2021 (Pritzker-Preis) an Lacaton und Vassal
an Architketen, deren Grundsatz „Nicht abreißen“ ist!
„Ihre Arbeit reflektiere den „demokratischen Geist der Architektur“, urteilte die Jury. Das Duo hat in seiner Arbeit vor allem einen Vorsatz: nichts abreißen. „Es gibt zu viele Demolierungen von existierenden Gebäuden, die nicht alt sind, noch ein Leben vor sich haben und noch nicht ausrangiert sind“, hatte Lacaton in einem Interview gesagt. „Wir glauben, dass das eine zu große Verschwendung von Materialien ist. Wenn wir genau hinschauen, wenn wir die Dinge mit frischem Blick sehen, gibt es immer etwas Positives, was man aus einer bestehenden Situation mitnehmen kann.“ Damit ist ihre Architekturhaltung richtungsweisend für die immer vehementer eingeforderte Nachhaltigkeit beim Bauen. (https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.pritzker-preis-2021-architekturpioniere-lacaton-vassal-gewinnen.f8099f1f-4981-42f5-b78c-806f7d8828ec.html)
„Abriss ist die einfachste und schnellste Lösung. Es ist in mehrfacher Hinsicht Verschwendung – von Energie, von Material, von Tradition. Im Übrigen hat er schädliche gesellschaftliche Auswirkungen. Für uns ist das Gewalt.“
So hätten sie 530 Wohnungen in Bordeaux „von innen nach außen“ nach den Bedürfnissen der Bewohner instand gesetzt: „Wir sehen das Bestehende nicht als Problem“, so Anne Lacaton. „Wir waren in Gegenden, wo die Häuser abgerissen worden wären, und wir haben dort Menschen angetroffen, Familien, die dennoch an ihrem Zuhause hingen, auch, wenn die Wohnsituation nicht die beste war.“ https://www.br.de/nachrichten/kultur/pritzker-preis-2021-fuer-anna-lacaton-und-jean-philippe-vassal,SRoTjr9 März 2021
Juni 2017
Brief des Familienheim-Vorstands an die BewohnerInnen, dass Planungen für die Wiehre jetzt beginnen.
Sept 2017
Mitteilung des Vorstands, dass Quäkerstraße 1 bis 9 abgerissen werden. Laut Interview mit Frau Dziolloß in der Chili -Ausgabe Sept 2020 sollten tatsächlich alle 300 Wohnungen abgerissen werden.
Nov 2017
„Informationsgespräch“ des Familienheim-Vorstands mit Wiehre für Alle.
Nov 2017
Pläne und Gutachten für Abriss und Neubau liegen laut Aussage des Vorstands noch nicht vor. Bei der Sitzung des Gestaltungsbeirats am 30.11. berichtete das beauftragte Architekturbüro jedoch, dass Neubaupläne für das Quartier schon im März 2017 begonnen haben.
Nov. 2017
Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg: Gebäude sind erhaltenswert
Gebäude-Ensemble zwischen den beiden Wiehre-Bahnhöfen ist prägend für die Stadt Freiburg und sollte erhalten werden.
Abwendungsvereinbarung der Stadt Freiburg mit Vorstand Familienheim gescheitert
März 2018
Gemeinderat fordert Stadtverwaltung auf, zu prüfen, ob Voraussetzungen für Erhaltungssatzungen vorliegen.
Nov 2018
Stadtverwaltung führt Gespräch mit Wiehre für Alle und separat mit dem Vorstand FH.
Vorstand weigert sich mit Wiehre für Alle an gemeinsamen Gesprächen teilzunehmen.
Stadtverwaltung spricht nur noch mit Vorstand Familienheim.
Feb 2019
Vorstand und Aufsichtsrat des Familienheim weigert sich, mit Stadtverwaltung zu reden.
Gesprächsabbruch.
07. Mai 2019
Gemeinderatssitzung hat am 07.05.2019 mit großer Mehrheit beschlossen:
1. Aufstellungsbeschluss für Soziale Erhaltungssatzung.
2. Aufstellungsbeschluss für Städtebauliche Erhaltungssatzung.
Nov 2019
Haushaltsbefragungen im Quartier; Kosten: Mindestens 25.000 €.
Voraussetzungen für Soziale Erhaltungssatzung liegen vor
Juli 2020
Information der Stadtverwaltung: Voraussetzungen für die Erhaltungssatzung sind gegeben.
Stadtverwaltung will Erhaltungssatzungen nicht umsetzen
2019-2020
Stadtverwaltung führte ab Sept. 2019 erneut interne Gespräche mit dem Familienheim-Vorstand.
Juli 2020
Stadtverwaltung schlägt konsensuales Verfahren vor und lädt Wiehre für Alle zu Gesprächen ein.
10. Oktober 2020
GemeinderätInnen zu Gast bei Wiehre für alle. Sie bekräftigen ihre Unterstützung für den Erhalt der Häuser.
03. November 2020
Videokonferenz von VertreterInnen von Wiehre für alle mit der Stadtverwaltung mit Herr Prof. Dr. Haag (Baubürgermeister), Frau Recker (Referat bezahlbares Wohnen), Herr Staible (Amt für Projektentwicklung und Stadterneuerung) und dessen Mitarbeiterin Frau Tömke.
Die Stadtverwaltung bestätigt, dass die Voraussetzungen für beide Erhaltungssatzungen vorliegen. Die Abstimmung der schriftlichen Vollversammlung am 11. November 2020 ergibt ein eindeutiges Ergebnis ohne Gegenstimme:
Wir wollen die Soziale und die Städtebauliche Erhaltungssatzung!
07. – 11. November 2020
Die briefliche Vollversammlung mit Abstimmung ergibt am 11. November 2020 ein eindeutiges Ergebnis, ohne Gegenstimme:
Wir wollen die Soziale und die Städtebauliche Erhaltungssatzung!
Der Gemeinderat hat im Mai 2019 beschlossen, dass für das Quartier zwischen den Wiehre-Bahnhöfen eine Soziale Erhaltungssatzung (Milieuschutz) aufgestellt werden soll.
Dazu benötigt die Stadtverwaltung detaillierte Informationen über die jetzigen sozialen und baulichen Bedingungen in dem Gebiet.
Aus diesem Grund wird seit dem 28.10.2019 bis Ende November 2019 in möglichst allen Haushalten eine Befragung durchgeführt. Die Haushalte haben von der Stadt Freiburg hierzu einen Brief erhalten.
Der 07.05.2019 war für uns BewohnerInnen des Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen ein sehr wichtiger und schöner Tag.
In der Gemeinderatssitzung wurde eine soziale Erhaltungssatzung für das ganze Quartier auf den Weg gebracht, für den Teil östlich der Quäkerstr. bis zur Dreikönigstr. auch eine bauliche Erhaltungssatzung.
Eine Delegation von Bewohnerinnen und Bewohnern des Quartiers besuchte die Gemeinderatssitzung, um zu berichten.
Für die detaillierte Prüfung auf eine soziale Erhaltungssatzung votierten: SPD, UL, FL/FF, JPG, FW, B90/Die Grünen und CDU (dagegen: FDP)
Für die bauliche Erhaltungssatzung votierten: SPD, UL, FL/FF, JPG, FW und B90/Die Grünen (dagegen: CDU, FDP)
Auch Oberbürgermeister Martin Horn stimmte für beide Satzungen!
Vielen Dank für die breite Unterstützung des Gemeinderats für den Erhalt des Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen und seiner Bewohnerschaftsstruktur!
Wir werden uns nun in den anstehenden Prüfprozess nach unseren Möglichkeiten gerne einbringen.
Zusammenfassung der Stadt
Die Debatte im Gemeinderat zur sozialen und baulichen Erhaltungssatzung des Familienheim Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen in der Zusammenfassung (Top 14-15):
Argumente für den Erhalt des Genossenschaftsquartiers (Zusammenfassung)
Ergänzend zu den vielfältigen von den GemeinderätInnen genannten Aspekten finden Sie unter folgendem Link unsere noch immer aktuelle Stellungnahme aus dem November 2018, in der unsere zentralen Argumente für den Erhalt des Quartiers zusammengefasst sind.
Unter diesem Motto haben wir am Freitag den 26.04.2019 unter Querung der Quäkerstr. eine Menschenkette von der Quäkerstr. 1 über den Gerwigplatz bis zur Prinz-Eugen-Str. 19 veranstaltet.
250 Menschen haben sich an der Aktion beteiligt.
Das ist ein klares Zeichen für den Zusammenhalt und die Zusammengehörigkeit des Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen!
[Update 05.05.2019]
Update der aktuellen Entwicklungen nach unserer Pressekonferenz und der gelungenen Menschenkette vom 26.04.2019 sowie den entsprechenden Medienbeiträgen:
In der Hauptausschusssitzung am Mo, 29.04.2019 sprachen sich fast alle Fraktionen für die Erweiterung des Gebietsumrisses der sozialen Erhaltungssatzung aus – also auf die ursprünglich beschlossene Abgrenzung – und demnach für´s GANZE QUARTIER .
Jetzt werden neben den Gebäuden Quäkerstr. 10/12, Gerwigplatz 5/7, Prinz-Eugen-Str. 19/21/23 auch die weiteren Gebäude zwischen Grillparzer-Str./Quäkerstr./Adalbert-Stifter-Str. – also auch die Neubauten des Familienheims – geprüft.
Die Stadtverwaltung begründet dies mit städtebaulichen Notwendigkeiten.
Die Drucksache enthält dabei abschließend folgenden wichtigen Passus:
„Für den gesamten Bereich ist die Durchführung eingehender Untersuchungen (Haushaltsbefragungen) vorgesehen, auf deren Grundlage die endgültige Abgrenzung des Satzungsgebiets erfolgen soll. Hier steht dann das Merkmal der Erforderlichkeit im Vordergrund, so dass alle Bereiche ausgenommen werden sollen, bei denen eine Gefährdung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nicht oder (etwa aufgrund bereits erfolgter Veränderung) nicht mehr zu erwarten ist.“
Insgesamt also eine Ergänzungsdrucksache nahezu ganz in unserem Sinne!
Wir danken allen UnterstützerInnen, die bei der Menschenkette mitgemacht (teilgenommen) haben.
Anwesend waren auch zahlreiche Stadträtinnen und Stadträte von SPD, UL und Freiburg Lebenswert/Für Freiburg, die sich alle für den Erhalt des gesamten Quartiers ausgesprochen haben.
Auch den Stadträtinnen und Stadträten danken wir erneut ganz herzlich für ihr Engagement und sind auf die kommende Woche sehr gespannt.
Vielen Dank auch an den Mieterbeiratsvorsitzenden der Freiburger Stadtbau für die während der Abschlusskundgebung überbrachte Solidaritätsnote.
In dem Artikel der Badischen Zeitung zur Aktion fehlt die Info, dass in der Gemeinderatssitzung am 07.05.2019 die soziale und die bauliche Erhaltungssatzung für den Osten des Quartiers zum Beschluß vorliegen. Artikel Badische Zeitung vom Sa, 27.04.2019.
Bezahlbaren Wohnraum im Gesamtareal erhalten!
Nur der östliche Teil soll unter sozialen Erhaltungsschutz gestellt werden.
Es droht die Teilung! Sie können helfen, bezahlbaren Wohnraum zu retten.
Der Charakter unseres Stadtteils lebt von der sozialen Durchmischung. Zeigen Sie, dass Ihnen der Erhalt der Häuser wichtig ist!
Kommen Sie zu unserer öffentlichen Aktion!
Stellen Sie sich mit uns schützend Hand in Hand vor unsere Häuser! Wir treffen uns Wann? am Freitag, 26. April 2019, um 18.00 Uhr Wo? in der Garageneinfahrt Quäkerstraße 1
als Bürgerinitiative „Wiehre für alle“ haben wir schon Vieles erreicht: Die Häuser der Quäkerstraße 1-9 und das Gebiet östlich bis zur Dreikönigstraße sollen, laut Beschlussvorlage für die kommende Gemeinderatssitzung am 7.5.2019, durch eine soziale und bauliche Erhaltungssatzung bewahrt bleiben.
Die Beschlussvorlage für den Gemeinderat hat jedoch für das Gebiet westlich der Quäkerstraße keinen Erhaltungsschutz vorgesehen.
Betroffen sind die Familienheimhäuser der westlichen Quäkerstraße, der Prinz-Eugen-Straße und des Gerwigplatzes. In diesen ca. 60
genossenschaftlichen Wohnungen leben ebenso Menschen, die sich große Sorgen um den Erhalt ihres bezahlbaren Wohnraums machen.
Wir stehen gemeinsam dafür ein, unsere intakten Häuser, unser soziales
Miteinander, und unsere gute Nachbarschaft zu bewahren und rufen alle
Interessierten auf, sich mit uns zur Aktion zu treffen:
„Menschen für den Erhalt der Quäkerstraße West und Prinz-Eugen-Straße“ und „Erhalt der Häuser rund um den Gerwigplatz“
Wir wollen uns die Hände reichen und uns für alle sichtbar schützend
vor unser schönes, erhaltenswertes Viertel stellen.
Zeigt Euch solidarisch und kommt bitte alle! Treffpunkt: in der Garageneinfahrt Quäkerstraße 1 Zeitpunkt: am Freitag, 26. April 2019, um 18.00 Uhr
Die Gebäude sind sanierbar. Bei der
Bewohnerschaft besteht in der sehr großen Mehrheit kein Interesse an
Wohnungen zum heutigen Neubaustandard (Aufzüge, größere
Wohnungszuschnitte etc.), sondern an einem behutsamen Umgang mit den
Bestandsgebäuden.
Die geplanten Neubauten sind nicht sozialverträglich und führen zu Gentrifizierung.
Eine Verdrängung aus dem Quartier ist zu erwarten, da nur für eine
Minderheit geförderter Wohnraum – noch dazu mit Befristung – vorhanden
sein würde. Auch die angekündigte Vergrößerung vieler Wohnungen aufgrund
des von Seiten des Vorstands angeführten „veränderten Wohnbedarfs“ wird
bei einem Neubau zu Kostensteigerungen führen. Die Sozialdatenerhebung
im Quartier zeigt, dass bereits die bisher günstigen Mietkosten für
viele Bewohnerinnen und Bewohner eine große finanzielle Belastung
darstellen.
Das Ensemble zwischen den Wiehrebahnhöfen ist städtebaulich relevant. Dies wird z.B. vom Gestaltungsbeirat und dem baden-württembergischen Landesdenkmalamt bestätigt.
Die Voraussetzungen für einen Dialog zwischen
BewohnerInnen-Initiative und Vorstand der Genossenschaft waren von
Beginn an gegeben. Vom Vorstand angekündigte Infoveranstaltungen
haben nicht stattgefunden, ein Treffen mit Mitgliedern der Initiative
blieb ohne Konsequenzen. Die vom Vorstand behauptete Anonymität der
Initiative entspricht nicht den Tatsachen, da alle Schreiben von
BewohnerInnen unterzeichnet wurden und werden. Die Initiative ist
basisdemokratisch organisiert, so dass es keine festgelegten
Posten/Funktionen gibt. Weitreichende Beschlüsse werden in der
Vollversammlung gefasst, Koordinationstreffen bearbeiten aktuelle
Anliegen, fassen weniger weitreichende Beschlüsse und bereiten die
Vollversammlungen vor. Beide Treffen sind offen.
Im nachfolgenden erörtern wir, warum wir die aktuell erneut veröffentlichten Aussagen vom Vorstand der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft e.G. als fragwürdig und auch als ungerechtfertigte Schmälerung des Engagements und der Qualität der vorgelegten Ausarbeitungen von uns – den Mitgliedern der Genossenschaft – ansehen.
Unsere Standpunkte im Einzelnen:
Wir halten mit guter Begründung an unserer Forderung des Erhalts unseres bezahlbaren Wohnraums und des Quartiers fest.
Sanierbarkeit der Gebäude
Im Juni 2017 erhielten die BewohnerInnen
der über 300 Wohnungen des Quartiers zwischen den Wiehrebahnhöfen ein
Schreiben des Vorstands, das nun mit Gutachten und Planungen für die
Wohnanlage begonnen würde. Konkreteres war der Ankündigung nicht zu
entnehmen. Auf telefonische und schriftliche Nachfrage4
bekamen BewohnerInnen die gleichlautende Antwort: Man prüfe nun, ob die
Häuser sanierungsfähig seien und Ergebnisse wären noch im Laufe des
Jahres zu erwarten. Laut eigener Aussage war das beteiligte
Architekturbüro5
zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits seit mehreren Monaten mit der
Planung von Abriss und Neuerrichtung der Quäkerstraße 1-9 beschäftigt –
und das ohne eine Fachbegutachtung der Häuserzeile vorgenommen zu haben.
Im September 2017 wurde den BewohnerInnen des Quartiers dann
mitgeteilt, dass ihre Häuser abgerissen würden.
Im Januar 2018 legte die
BewohnerInnen-Initiative „Wiehre für alle“ eine eigene Stellungnahme und
Kostenschätzung eines Fachbüros zu den Gebäuden vor, die klar die
Möglichkeit einer behutsamen, wenig kostenaufwendigen Sanierung der
Häuserzeile aufzeigte. Daraufhin wurde der Vorstand aktiv: Er
beauftragte zwei Büros nunmehr damit, eine Stellungnahme zu der Vorlage
von „Wiehre für alle“ zu erarbeiten. Diese veröffentlichte der Vorstand
im Juni 2018 und sah sich durch die Ergebnisse in der Annahme bestätigt,
dass die Gebäude nicht sanierbar seien.
Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Ergebnissen?
Die Zielstellungen der
Gebäudebewertungen unterscheiden sich fundamental: Während die
BewohnerInnen laut Umfrage von „Wiehre für alle“ größtenteils mit einer
bestandserhaltenden Sanierung zufrieden wären und auf die jetzt noch
bezahlbaren Mieten angewiesen sind (vgl. Bericht zur
BewohnerInnen-Befragung Herbst 2017 – Teilergebnisse;
Sozialdatenerhebung), verfolgt der Vorstand das Ziel einer Sanierung in
Richtung Neubaustandard im Hinblick beispielsweise auf
Barrierefreiheit, Brandschutz etc. Im Vergleich zu einer solchen
Vollmodernisierung der Bestandsgebäude mag eine Neuerrichtung ökonomisch
sinnvoll erscheinen. Diese Standards sind aber – wie bereits benannt –
für die Mehrheit der BewohnerInnen entbehrlich, während die
Bezahlbarkeit des Wohnraums elementar ist.
Eine aktuell vom Vorstand der
Familienheim Freiburg Baugenossenschaft vorgelegte und von ihm
beauftragte Stellungnahme der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen
e.V.“ aus Schleswig-Holstein kommt in Bezug auf das Abrissvorhaben zu
dem Schluss, es sei „geradezu idealtypisch für eine technisch und
wirtschaftlich sinnvolle, sozial ausgewogene und den übergeordneten
Zielen (Barrierefreiheit, Klimaschutz und Lebensqualität) zweckdienliche
Maßnahme […].“6
Hier werden Barrierefreiheit, Klimaschutz und Energieeffizienz als
übergeordnete Ziele zu benannt, ohne jemals mit derzeitigen
BewohnerInnen der Gebäude über deren Bedürfnisse und Lebenssituation in
Kontakt getreten zu sein. Darüber hinaus auch noch zu behaupten, dass
Abriss/Neubau die Lebensqualität steigere, erscheint vor dem Hintergrund
der enormen emotionalen Belastungen der Bewohnerschaft des von Abriss
bedrohten Quartiers mit teils gesundheitlichen Folgen (vgl. Studie EIN
JAHR – EINBLICK) völlig unverständlich.
Die Stellungnahme der
„Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.“ hebt zudem zentral auf
den Aspekt des Klimaschutzes ab und betrachtet dies im Kontext der
Gesamtstadt: Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Zielstellung im
Bereich des Klimaschutzes in Freiburg nicht alleine durch Zubau
energieeffizienter Neubauten und energetische Modernisierung des
Gebäudebestandes erreicht werden könne. Vielmehr sei aus seiner Sicht
bei Nachkriegsgebäuden wie denen in der Wiehre der „Bestandsersatz […] notwendiger Baustein, um die Klimaschutzziele zu erreichen und damit rechnerisch zwingend anzusetzen.“ (S.5). Gerade in wachsenden Großstädten wie Freiburg gehören die Quartiere der Nachkriegszeit „in
der Regel zu den wenigen verbliebenen Möglichkeiten, um preiswert und
zugleich relativ zentral wohnen zu können, und dies in einem
normalerweise intakten Umfeld.“7Etwa 13 % aller Wohnungen in Freiburg wurden zwischen 1949 und 1961 errichtet. 8
Würden alle diese „aus Gründen des Klimaschutzes“ abgerissen und durch
Neubauwohnungen ersetzt, ginge damit ein Großteil der letzten
bezahlbaren Wohnungen verloren.
Drei Dinge sprechen dafür, die
energetische Situation der Gebäude im Quartier im Hinblick auf die Frage
nach Abriss/Neubau sowie energetischer Modernisierung der
Bestandsgebäude sehr differenziert zu betrachten:
Die sehr niedrigen Heizkosten in den Bestandsgebäuden deuten „auf eine gute Wärmedämmung der Außenwände und der Fenster hin.“9
In Bezug auf energetische Aspekte von Bauvorhaben sollte
grundsätzlich auch geprüft werden, wie Ressourcen- und Energieverbrauch
und Abfälle bei Abriss und Neubau zu bewerten sind, siehe hierzu auch
den Antrag mehrerer Ratsfraktionen zur Erhaltungsatzung10.
Die Bewertung einer Maßnahme allein nach
Klimaschutzeffekten genügt Nachhaltigkeitsgrundsätzen nicht; hierfür
wäre eine Gesamt-Bewertung der ökologischen, sozialen und ökonomischen
Auswirkungen notwendig.
Für die Gebäude im Quartier zwischen den
Wiehrebahnhöfen gilt aus unserer Sicht demnach weiterhin: Sie können
behutsam saniert und erhalten werden, so dass die BewohnerInnen ihre
Wohnungen behalten können.
„Sozialverträglichkeit“ der angedachten Maßnahmen
Seit einer „Informationsveranstaltung“
für die BewohnerInnen der Quäkerstraße vor nunmehr einem Jahr wiederholt
der Vorstand der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft e.G.
anhaltend, sein Vorhaben sei „keine Gentrifizierungsmaßnahme“.11
Versucht wird, diese Aussage mit der Aufzählung einer Reihe von
Eigenschaften der Genossenschaft, angedachten Unterstützungsmaßnahmen
sowie konsequentem Ignorieren bzw. In-Frage-Stellen des Engagements der
BewohnerInnen-Initiative zu untermauern.
Kritik des Vorstands an der Sozialdatenerhebung von „Wiehre für alle“
Ohne eigene konkrete Erkenntnisse vorzulegen, wird vom
Vorstand die Datenbasis der Sozialdatenerhebung von „Wiehre für alle“
wiederholt als zu gering kritisiert, wenn es beispielsweise in einer
Pressemitteilung vom 26.06.2018 heißt: „Von 14 Prozent der Haushalte in dem betroffenen Gebiet in der Wiehre auf alle Haushalte zu schließen, ist nicht aussagekräftig.“12
Dabei ist die Datenerhebung breit über das gesamte
Quartier gestreut und die Erkenntnisse spiegeln sich auch in den
Ergebnissen der Umfragen von September 2017 und Oktober 2018 wieder, die
trotz teils sehr sensibler Fragen sehr hohe Rücklaufquoten zwischen 53
% und 66 % aufwiesen. Die Vorgehensweise ist jeweils transparent
dargestellt. Trotz dieser umfangreichen Erhebungen mit dem klaren
Ergebnis, dass die überwiegende Zahl der Haushalte auf die bestehenden
bezahlbaren Mieten angewiesen ist, wird von Seiten des Vorstands
wiederholt die Behauptung aufgestellt, die Einkommensverhältnisse von
wohnungssuchenden Mitgliedern würden darauf hindeuten, dass im Quartier
zwischen den Wiehrebahnhöfen keine Verdrängung von BewohnerInnen zu
erwarten sei. Aus den Einkommensverhältnissen wohnungssuchender
Mitglieder lässt sich jedoch keine Aussage über die finanzielle
Situation und die Mietbelastung der BewohnerInnen des Quartiers zwischen
den Wiehrebahnhöfen ableiten.
Die Ergebnisse unserer Befragungen sind eindeutig (vgl.
dazu auch das Dossier „Genossenschaft und Gentrifizierung“): Es droht
die Verdrängung großer Teile der Bewohnerschaft aus ihrem Wohnumfeld.
Die Ergebnisse geben damit Hinweise darauf, dass eine städtebauliche
Detailuntersuchung mit einer tiefgehenden Befragung der BewohnerInnen
von neutraler Seite wichtige Daten liefern könnte. Auch die
Stadtverwaltung kommt zu dieser Einschätzung.13 Warum die Genossenschaft nach wie vor an der Aussage festhält, eine Gentrifizierung fände nicht statt, ist daher unerklärlich.
Grundsätzliche Ausrichtung der Genossenschaft
Als Argument für einen sozialen Ansatz der
Genossenschaft wird von Seiten des Vorstands angeführt, dass die
durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter im Gesamtbestand der
Genossenschaft mit 7,01 € aktuell 1,24 € und damit 15 % unter dem Wert
für die Gesamtstadt Freiburg läge. Unterschlagen wird dabei zum einen,
dass der Mietspiegel der Stadt Freiburg sich nur auf Mietveränderungen
der letzten vier Jahre bezieht und insofern als Vergleichsbasis nur
bedingt taugt. Zum anderen hat sich der Abstand in den vergangenen
Jahren kontinuierlich verringert (siehe auch Abbildung): 2007: 1,71 €
(=25 %), 2012: 1,42 € (=19 %), 2017: 1,24 € (=15 %).14
Durch die Neuerrichtungspläne in der Wiehre würde diese Tendenz fortgesetzt werden.
Zwischen 2007 und 2017 ist dementsprechend eine 35%ige Steigerung der durchschnittlichen Kaltmiete pro m2 innerhalb der Genossenschaft im Vergleich zu einer „nur“ 19%igen Steigerung in der Gesamtstadt Freiburg zu verzeichnen.
Die Familienheim Freiburg Baugenossenschaft eG hat in Bezug auf die durchschnittliche Kaltmiete pro m2
die beiden anderen großen Freiburger Wohngenossenschaften Heimbau und
Bauverein in den vergangenen Jahren klar überflügelt: Lagen Bauverein
und Familienheim 2012 mit 5,77 € und 5,86 € nur 9 Cent auseinander, hat
sich der Abstand bis 2017 bei Werten von 6,41 € zu 7,01 € auf 60 Cent
mehr als versechsfacht.15
Die klare Aufwertungsneigung hin zu
teurerem Wohnungsbestand (in den besseren Stadtlagen und auch auf Kosten
von Altbauten), die Tendenz zu maßnahmenunabhängigen
Bestandsmietenerhöhungen sowie zur gezielten Aufnahme besserverdienender
Mitglieder ist im Dossier „Genossenschaft und Gentrifizierung“ im
Detail aufgezeigt.
„Unterstützungsmaßnahmen“ für die BewohnerInnen der Quäkerstraße
Es wird von Seiten des Vorstands in Aussicht gestellt,
dass den BewohnerInnen der Quäkerstraße Ersatzwohnungen im Quartier zur
Verfügung gestellt werden. Allerdings lag nur ein kleiner Teil der
angebotenen Wohnungen im Quartier, der Großteil lag im Altbau sowie dem
gerade fertiggestellten Neubau in der Falkensteinstraße. Weil viele
BewohnerInnen der Quäkerstraße das Ersatzbauvorhaben nicht wünschen und
ihr Recht wahrgenommen haben, ihre Dauernutzungsverträge und Wohnungen
zu behalten, hat der Vorstand mittlerweile viele der vorgehaltenen
Wohnungen an andere Genossenschaftsmitglieder vergeben, sie stehen also
faktisch nicht mehr für eine Umsetzung zur Verfügung. Warum für über 40
Mietparteien im Rahmen der Infoveranstaltung am 09.11.2017 nur 30
Ersatzwohnungen in der Wiehre angeboten wurden mit dem Hinweis, am
besten innerhalb von zwei Wochen Interesse dafür zu bekunden, sonst
würden sie an andere Genossenschaftsmitglieder vergeben, ist nicht
nachvollziehbar (Knappheitssituation).
Es wird von Seiten des Vorstands in Aussicht gestellt,
dass die BewohnerInnen in den Umsetzwohnungen die gleiche Kaltmiete pro
Quadratmeter bezahlen wie in ihren bisherigen Wohnungen. „Wiehre für
alle“ liegen dagegen Dokumente vor, die zeigen, dass sich
Mietsteigerungen von bis zu 1,50 € pro m2 in der
Ersatzwohnung ergeben haben. Zudem ist das Angebot, die alte Miete
„mitzunehmen“, auf drei Jahre befristet. Danach kann laut
Umsetzvereinbarung „eine Mietanpassung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erfolgen.“
Es wird von Seiten des Vorstands in Aussicht gestellt,
die Mieter könnten in den Neubau zurückziehen. Der entsprechende Passus
in „Wiehre für alle“ vorliegenden Umsetzungsvereinbarungen dazu lautet: „Selbstverständlich haben Sie auch die Option wieder zurück in die Quäkerstraße zu ziehen.“
Die genaue Miethöhe bei freifinanzierten Wohnungen bleibt dabei ebenso
offen wie es keinen garantierten Anspruch auf eine der wenigen
Sozialwohnungen gibt.
Es wird von Seiten des Vorstands in Aussicht gestellt,
bei den Wohnungsgrößen der Umsetzwohnungen den Bedarf der aktuellen
MieterInnen soweit möglich zu berücksichtigen. Allerdings lagen
beispielsweise 13 der angebotenen Umsetz-wohnungen in der Wiehre im
gerade fertiggestellten Gebäude Falkensteinstr./ Ecke Talstraße mit in
der Regel deutlich größeren Wohnungszuschnitten (so z.B. zwei
Zwei-Zimmer-Wohnungen mit etwa 62 bis 64 m2 statt kleinere Zwei-Zimmer-Wohnungen der Quäkerstr. mit ca. 50 m2 sowie drei Drei-Zimmer-Wohnungen mit 93 m2 statt Drei-Zimmer-Wohnungen in der Quäkerstr. mit max. 66 m2) – was zu höheren Gesamtmieten führt.
Von Seiten des Vorstands wird ein Anteil von 30 % über
das Landeswohnraumförderprogramm geförderter Wohnungen (=
Sozialwohnungen) in Aussicht gestellt, was einer Anzahl von 16 Wohnungen
entspricht. Dabei wird darüber hinweggegangen, dass selbst diese mit
7,50 € pro m² deutlich über dem jetzigen Durchschnitt von 6,71 € pro m²
liegen würden (+11 %), was insbesondere bei größeren Wohnungszuschnitten
und den damit auch höheren Nebenkostenanteilen ins Gewicht fällt. Auch
werden zu der Bindungsdauer trotz Nachfragen der BewohnerInnen anhaltend
keine Angaben gemacht. Da die derzeitigen BewohnerInnen ihrem Einkommen
nach fast alle zur Anmietung einer geförderten Wohnung berechtigt
wären, müssten sie sich um die wenigen geförderten Wohnungen streiten.
Die Anmietung einer frei finanzierten Wohnung zu 10 € pro m2 könnten sich die wenigsten BewohnerInnen leisten. Gegenwärtig existieren 42 bezahlbare Wohnungen ohne befristete Sozialbindung.
Es wird von Seiten des Vorstands in Aussicht gestellt,
„Härtefälle“ individuell zu begleiten. Mit dieser Suche nach
individuellen Lösungen wird verschleiert, dass es um kollektive Lösungen
für die ganze Bewohnerschaft geht, die allergrößtenteils in den Häusern
bleiben möchte, in denen sie wohnt und die charakteristisch für eine
Bevölkerungsschicht in Freiburg ist, die im Mietmarkt zunehmend „unter
die Räder kommt“ und deren Verbleib in der Stadt an genau solche
Wohnungsbestände wie die in der Wiehre noch vorhandenen gebunden ist.
Detailliertere Ausarbeitungen finden sich im Dossier „Genossenschaft und Gentrifizierung“.
(Fehlende) Würdigung städtebaulicher Qualitäten
Der Vorstand hielt sich bisher zwar mit
Aussagen zur baukulturellen Bedeutung des Quartiers zurück, das
konsequente Ignorieren des klaren Votums des Gestaltungsbeirats der
Stadt Freiburg (siehe unten) seit nunmehr einem Jahr seitens des
Familienheim-Vorstandes weist allerdings darauf hin, dass diese
Dimension für den Vorstand nachrangig bis irrelevant scheint. Durch den
Versand der Stellungnahme der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen
e.V.“ an die Fraktionen und Gruppierungen des Freiburger Gemeinderats
am 16.11.2018 kann davon ausgegangen werden, dass sich der Vorstand die
dort präsentierte Einschätzung der städtebaulich-historischen Dimension
des Quartiers zu eigen macht: „Gebäude dieser Art sind an zahlreichen
Standorten bundesweit erhalten. Es handelt sich also um ein
unauffälliges Massentypengebäude, von denen es genügend Beispiele gibt,
die erhalten bleiben. Insofern ist eine kulturelle Bewertung von
einzelnen Standorten – gleichgültig an welcher Stelle in Deutschland –
aus unserer Sicht baukulturell nicht besonders relevant.“ (S.2).
Verschiedene Experten bewerten dies völlig anders:
Der Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg kommt – unter anderem auf Basis eines Ortsbesuches – zu dem Schluss: „Die
Anlage in der Wiehre stellt ein beeindruckendes Beispiel
genossenschaftlichen Wohnens dar und ist in seinen Grundzügen gut
erhalten. […] Der Beirat ist der Auffassung, dass die
Eigentumsverhältnisse und die Intaktheit des Ensembles eine seltene
Chance bieten, eine den Bedürfnissen und den baulichen Gegebenheiten
angepasste behutsame Sanierung und Modernisierung vorzunehmen. Ziel
dabei sollte es sein, die Identität des Quartiers zu erhalten und den
Charakter des gesamten Ensembles in seinen städtebaulichen,
architektonischen und freiraumplanerischen Qualitäten zu stärken. Der
Beirat bietet bei dem wichtigen Projekt gerne seine Mitwirkung an […].“16
Das baden-württembergische Landesdenkmalamt befindet nach eingehendem Studium der alten Baupläne der Siedlung: „Insgesamt kann der Komplex […] als städtebaulich interessantes, erhaltenswertes ‚Ensemble’ angesprochen werden […].“17
Und auch die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild
spricht sich nach mehrfacher Begehung des Quartiers und der Gebäude für
den Erhalt des Ensembles aus: „Baugenossenschaften schufen in ihrer
frühen Historie in der Regel ‚weder Einfachstwohnungen noch
Mietskasernen, sondern zweckmäßige und zugleich wohnliche Behausungen –
eben mehr als nur ein Dach über dem Kopf, mehr als nur Schutz gegen die
Unbilden der Witterung: ein Zuhause mit den Möglichkeiten, die eigenen
Persönlichkeiten zu entfalten. Deshalb auch waren die
Genossenschaftssiedlungen nur selten eine triste Aneinanderreihung von
Häusern. Ganz bewusst wollten die Genossenschafter neue Formen des
Miteinander, der Kommunikation, der gegenseitigen Hilfe schaffen.’
Die Familienheim-Siedlung in der Wiehre […] lässt sich als
herausragendes und weitgehend im Originalzustand erhaltenes positives
Beispiel für ein solches genossenschaftliches Bauen charakterisieren.“18
Insofern erscheint die aus Kiel gestellte Ferndiagnose, es handele sich um ein „unauffälliges Massentypengebäude“ von sehr geringer baukultureller Relevanz, mehr als fraglich.
Umgang mit der BewohnerInnen-Initiative von Seiten des Vorstands
Der Vorstand der Familienheim Freiburg
Baugenossenschaft eG versucht, das Engagement der BewohnerInnen des
Quartiers zwischen den Wiehrebahnhöfen zu schmälern oder ignoriert es
schlichtweg. Es wurde vorstehend auch gezeigt, dass sich bei näherem
Hinsehen oft Widersprüche in den öffentlichen Aussagen des Vorstands
finden und sich die Basis der Äußerungen häufig als wenig belastbar
herausstellt.19 Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf folgende – bereits einleitend zitierte – Aussagen20:
„In der Genossenschaft herrscht
Unverständnis und Irritation über das Anliegen und die Vorgehensweise
sowie das Fehlen verantwortlicher Ansprechpartner auf Seiten der
Mieterinitiative. Vertreter und Mitglieder aus der Wiehre und anderen
Stadtteilen unterstützen Vorstand und Aufsichtsrat.“
Es stellen sich in Bezug auf diese Aussagen folgende Fragen:
Welcher Personenkreis ist gemeint, wenn es „in der
Genossenschaft“ heißt? Was ist die Basis für diese weitreichende
Aussage, die das Engagement von MitgenossInnen genossenschaftsintern wie
in der Außenwahrnehmung in ein schlechtes Licht rückt?
Wie kann es sein, dass Unverständnis und Irritation über
das Anliegen der BewohnerInnen herrscht, die Gebäude zu erhalten, sind
sie doch weit überwiegend auf den bezahlbaren Wohnraum angewiesen und in
soziale Netze im Quartier eingebettet? Bei wem konkret herrscht
Unverständnis und Irritation?
Warum besteht Unverständnis und Irritation über die
Vorgehensweise der BewohnerInnen-Initiative, wurde doch seit Juli 2017
über mehrere Monate hinweg in sehr konstruktiver Weise durch Befragungen
lediglich die Perspektive der Betroffenen sichtbar gemacht hat– ohne
damit allerdings bei Vorstand und Aufsichtsrat auf Gehör zu stoßen. Dass
nach diesen gescheiterten genossenschaftsinternen Versuchen einer
Würdigung der sozialen Situation der Bewohnerschaft eine Hinwendung an
Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung erfolgte, erscheint uns ein
angemessenes, legitimes und legales Vorgehen.
Warum wird wiederholt auf die angeblich nicht vorhandene
Ansprechbarkeit der BewohnerInnen-Initiative verwiesen, hat doch ein
bereits im letzten November stattgefundenes persönliches Treffen einer
Delegation von BewohnerInnen mit dem Vorstand keine Folgen gehabt? Weder
wurde eine angekündigte Informationsveranstaltung für alle
BewohnerInnen des Quartiers durchgeführt noch eine in Aussicht gestellte
detaillierte Befragung der BewohnerInnen, um deren Bedürfnisse und
Wünsche zu erfragen – wie dargestellt, werden aber die Ergebnisse
unserer eigenen BewohnerInnen-Umfrage angezweifelt. Auch eine in
Aussicht gestellte Offenlage der Entscheidungsgrundlagen für den Abriss
der Quäkerstr. 1-9 erfolgte nicht. Kein Akteur aus Politik, Verwaltung,
Bürgervereinen oder von der Presse hatte in den vergangenen mehr als 12
Monaten Schwierigkeiten, Kontakt mit der BewohnerInnen-Initiative
aufzunehmen und Vereinbarungen zu treffen.
Wie viele Mitglieder und MitgliedervertreterInnen
unterstützen wirklich die Politik des Vorstands? Welche Umfragen unter
den Mitgliedern und/oder protokollierte Abstimmungsergebnisse aus
Versammlungen liegen dazu vor? Tatsache ist, dass laut jüngster Umfrage
98 % der BewohnerInnen des Quartiers hinter den Forderungen zum Erhalt
des bezahlbaren Wohnraums und des Quartiers stehen und 96 % von ihnen
ihre Interessen von „Wiehre für alle“ vertreten sehen (vgl. Studie EIN JAHR – EINBLICK).
Fazit
Alle unsere
bisherigen Aktivitäten dienten in konstruktiver Weise dazu, die
Perspektive der BewohnerInnen darzustellen. Wir halten weiterhin – und
dies mit einer stichhaltigen Begründung – an der Forderung nach Erhalt
des Quartiers und des bezahlbaren Wohnraums fest.
Durch die BewohnerInnen-Initiative bisher erstellte Studien, Analysen und Befragungen:
Bericht zur Befragung der Bewohnerschaft in den Familienheim-Gebäuden im Quartier am Wiehrebahnhof (Herbst 2017)
Kostenschätzung zur behutsamen Sanierung der Häuserzeile Quäkerstr. 1-9
Sozialdatenerhebung zur Bewohnerstruktur des Quartiers
Dossier „Genossenschaft und Gentrifizierung“
EIN JAHR – EINBLICK. Studie zum Gentrifizierungsprozess im
Genossenschaftsquartier zwischen den Wiehrebahnhöfen und dem
demokratischen Widerstand dagegen
„Eigentlich würde ich jetzt in einer Baugrube sitzen, aber die Häuser stehen! *
*Aktuelle Aussage einer Bewohnerin aus der Quäkerstr. 1-9
Bereits seit Juni 2017 setzen wir uns als BewohnerInnen des Quartiers zwischen den Wiehre-Bahnhöfen gemeinsam für den Erhalt unserer Häuser und Wohnungen ein. Denn der Vorstand der Familienheim-Genossenschaft hatte zu diesem Zeitpunkt angekündigt, das Gebiet modernisieren zu wollen. Konkret sollte in einem ersten Bauabschnitt ab Anfang 2019 die Quäkerstraße 1-9 abgerissen und das Gelände neu bebaut werden. Ab 2021 sollten weitere Maßnahmen folgen…Bauabschnitt für Bauabschnitt.
Mit dem Wahlkampf zur Oberbürgermeisterwahl und im Kontext der Freiburger Wohnungsnot – vor allem im preiswerten Mietsegment – erlangte unser Quartier und der mit einem Abriss drohende Verlust bezahlbaren Wohnraums große kommunalpolitische Brisanz.
Der heutige Oberbürgermeister Martin Horn wie auch viele Fraktionen des Gemeinderates sprachen sich für den Erhalt des gesamten Quartiers aus. Im November 2018 schließlich beschloss der Gemeinderat einstimmig, die Stadt solle den Versuch unternehmen, mit dem Vorstand des Familienheims eine freiwillige Vereinbarung auszuhandeln, um den Erhalt der Bewohnerschaftsstruktur des gesamten Quartiers zu gewährleisten. Ansonsten sollte im Mai 2019 für das ganze Quartier die Aufstellung einer sozialen Erhaltungssatzung (Milieuschutz) beschlossen werden. Der Vorstand lehnte Verhandlungen ab.
Nun stehen wir vor dem Mai 2019 und die Stadtverwaltung hat Drucksachen als Beschlussvorlagen für die gemeinderätlichen Vorberatungen erstellt. Die endgültige Abstimmung über die Aufstellung der sozialen Erhaltungssatzung, an die sich eine intensive Prüfung mittels Haushaltsbefragungen anschließt, ist für die Gemeinderatssitzung am 07.05.2019 vorgesehen.
So erfreut wir BewohnerInnen darüber waren, dass laut der Vorlagen für den östlichen Quartiers-Teil von der Quäkerstr. bis zur Dreikönigstr. neben einer sozialen auch die Aufstellung einer baulichen Erhaltungssatzung beschlossen werden soll, so schockiert waren wir darüber, dass derzeit für das Areal westlich der Quäkerstr.1 gar kein Schutzstatus vorgesehen ist. Damit lägen 20 % des Quartiers nicht im Milieuschutzgebiet.
Rot markiert = nicht berücksichtigt, Grün markiert = aktuell geplantes Milieuschutzgebiet (soziale und bauliche Erhaltungssatzung)
(Bilddaten: Stadt Freiburg, 2018)
Bereits Ende März hatten wir die Stadtverwaltung um die Erweiterung des Gebietsumgriffs entsprechend der Beschlusslage aus dem November 2018 gebeten. In einer das bisher angedachte städtische Vorgehen rechtfertigenden Antwort schrieb uns das zuständige Amt aktuell, dass der Nachweis eines Milieus im Zentrum der städtischen Bemühungen stünde.
Dies könne eher bei einer kleinräumigen Betrachtung gelingen und in diesem Bereich – also östlich der Quäkerstraße – solle entsprechend auch die Haushaltbefragung erfolgen. Genau diese kleinräumige und detaillierte Untersuchung sehen auch wir als notwendig an, jedoch unter Integration der drei Gebäude im Areal westlich der Quäkerstraße, da viele triftige Gründe dafürsprechen:
Es existiert ein eindeutiger Gemeinderatsbeschluss, dessen Gültigkeit
Oberbürgermeister Martin Horn in einem Schreiben an „Wiehre für alle“ Anfang März
nochmals bekräftigt hat.
• Eine Gebietsabgrenzung einer sozialen Erhaltungssatzung ist laut uns vorliegender
anwaltlicher Aussage nicht an Straßenverläufe gebunden, sondern kann durchaus
straßenseitenübergreifend und parzelliert verlaufen. Beispiele dafür gibt es aus
anderen Städten zur Genüge, beispielsweise aus München und Berlin.
• Die Gebäude weisen westlich wie östlich der Quäkerstraße gleiche
Wohnungsstrukturen in Zuschnitt, Zimmeranzahl, Größe und Mieten auf.
• Die Gebäude wurden zur etwa gleichen Zeit errichtet und weisen einen ähnlichen
Sanierungsstand auf.
• Die Sozialdatenerhebung von „Wiehre für alle“, die von Kommunalpolitik und
Verwaltung auch mit als Begründung für eine eventuelle Schutzwürdigkeit der
Sozialstruktur herangezogen wurde, wurde für das gesamte Areal erstellt. Die Daten
der BewohnerInnen sind aus allen Bereichen gleichsam eingeflossen.
• Die aktuell zur Beratung stehende Drucksache enthält den Passus, dass der
Geltungsbereich einer sozialen Erhaltungssatzung erst auf Grundlage der
vorgesehenen Untersuchungen abschließend festgelegt werden soll. Insofern
erscheint uns eine detaillierte Haushaltsbefragung auch in den Häusern um den
Gerwigplatz als notwendiges Vorgehen, um alle Optionen zu eröffnen.
• In der vorliegenden Drucksache wird als Begründung für die Prüfung einer sozialen
Erhaltungssatzung im östlichen Teil des Quartiers die Maßnahmenankündigung von
Seiten des Vorstands angeführt. Die Ankündigungen umfangreicher
Modernisierungsmaßnahem gilt aber für das gesamte Gebiet (Schreiben des Vorstands vom 14.06.2017).
Daher arbeiten wir BewohnerInnen des Quartiers nun gemeinsam darauf hin,
dass bis zur Gemeinderatsabstimmung doch noch die Erweiterung des
Milieuschutzgebietes erfolgt und somit ein Ende der äußerst belastenden
Situation und der Angst um die eigenen Wohnungen für die Menschen des
gesamten Quartiers in greifbare Nähe rückt.
Auch für Freiburg und darüber hinaus wäre dies in Zeiten, in denen die Frage
des Erhalts bezahlbaren Wohnraums stadtpolitisches sowie gesellschaftliches
Thema ist, ein wichtiges Zeichen.
Vor dem Hintergrund des jüngsten Schreibens des Familienheim-Vorstands vom 30.01.20191 an die MieterInnen in der Wiehre und der entsprechenden Presseberichterstattung (BZ-Artikel vom 02.02.20192) möchten wir einen kurzen Bericht zu den Entwicklungen der letzten Wochen und der aktuellen Lage geben.
Gemeinderat einhellig für Erhalt der Sozialstruktur der Bewohnerschaft im Quartier
Der Gemeinderat hat mit einstimmigem Beschluss vom 27.11.2018 die Stadtverwaltung beauftragt, mit dem Vorstand des Familienheims für den Wohnungsbestand im Quartier zwischen den Wiehre-Bahnhöfen3 Verhandlungen mit dem Ziel zu führen, eine so genannte Abwendungsvereinbarung abzuschließen, mit der vor allem der Erhalt der Sozialstruktur der Bewohnerschaft in dem Gebiet gewährleistet wird. Der Beschluss sieht weiterhin vor, dass dem Gemeinderat von Seiten der Verwaltung die Aufstellung einer sozialen Erhaltungssatzung4 zur Beschlussfassung vorgelegt wird, sollte bis zum Mai 2019 keine derartige Abwendungsvereinbarung vorliegen. […]
Den aktuellen Sachstand am 12. März 2019 finden Sie in nachfolgenden PDF Dokument:
3 Es handelt sich um folgende Häuser: Prinz-Eugen-Str. 19, 21, 23; Gerwigplatz 5, 7; Quäkerstr. 10, 12 und 1, 3, 5, 7, 9; Adalbert-Stifter-Str. 20, 22, 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36, 38, 40, 42; Roseggerstr. 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15, 17 und 2, 4, 6; Dreikönigstr. 58; Türkenlouisstr. 49, 51, 53, 55, 57, 59, 61
4 „Auf Basis des städtebaulichen Instruments der sozialen Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB können Gemeinden in Fällen, in denen als Folge baulicher Maßnahmen eine Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung konkrete nachteilige städtebauliche Auswirkungen befürchten lässt, durch eine Satzung Gebiete bezeichnen, in denen für die Änderung, Nutzungsänderung und den Rückbau baulicher Anlagen eine besondere Genehmigung erforderlich ist.“ (Gemeinderatsdrucksache Sitzung vom 27.11.2018, S.3). Dies umfasst auch Modernisierungsmaßnahmen: „Klassischer Anwendungsfall sind an sich intakte Gebiete, in denen es durch umfassende Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu einer Anhebung der Kaltmieten oder der Betriebskostenumlagen und damit zur Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung kommen kann.“ (ebd. S.4).
Gemeinderatssitzung Freiburg am 27.11.2018, TOP 7, Erhaltungssatzungen
Bei der für die baupolitische Zukunft Freiburgs richtungsweisenden Gemeinderatssitzung am 27.11.2018 hielt Herr Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler von Freiburg Lebenswert eine bemerkenswerte Rede, in der er sich im Namen seiner Fraktion eindeutig für die Belange von „Wiehre für alle“ positioniert und den Vorstand der Familienheim eG deutlich kritisiert:
„[…] Üblicherweise entschließt man sich ja für eine Dämmung oder gar Abriss dann, wenn die Heizkosten hoch sind.
Aber laut Vorlage und auch laut Aussagen von Mietern mir gegenüber sind die Heizkosten extrem gering, was auf eine sehr gute Wärmedämmung
der Außenwände und der Fenster hindeutet. Also, warum um alles in der Welt will der Vorstand diese Häuser mit den preisgünstigen Wohnungen platt machen? Vor allem, weil das Quartier nach Aussage des Gestaltungsbeirates ein ideales Verhältnis von Wohn- und grünen Freiflächen aufweist. Die angebliche Familienheim-Philosophie – laut Homepage – Mensch und Umwelt mit einzubeziehen, Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schonen, wird mit Abriss und Neubau gut gedämmter Häuser doch konterkariert. Die Menschen werden eben gegen ihren Willen aus ihren Wohnungen vertrieben, graue Energie und Ressourcen verschwendet![…] Auf dem Areal der ehemaligen beiden Wohnheime [Quäkerstrasse 2-4b und Grillparzerstrasse; Anm. Wfa] leben heute andere und weniger Personen als vor der Neubaumaßnahme. Die Bewohnerschaft wurde komplett gegen eine zahlungskräftigere Klientel ausgetauscht, was von Seiten des Vorstands, wie eben zitiert, bereits bei Beginn der Baumaßnahme als strategische Zielsetzung angekündigt wurde. Gentrifizierung, also der Austausch zahlungsschwacher Genossen durch zahlungskräftigere Klientel, ist also nicht nur ein bedauerlicher Kollateralschaden der Neubebauung, sondern erklärtes Ziel des Genossenschaftsvorstandes. Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Wir versuchen fraktionsübergreifend – mit bisher mäßigem Erfolg – alles zu unternehmen, um der Gentrifizierung Einhalt zu gebieten, und hier torpediert eine Genossenschaft diese Bemühungen mit einer Hartherzigkeit gegenüber ihren Mitgliedern, die ihresgleichen sucht! […]
Für die SPD-Fraktion hielt Stadträtin Julia Söhne eine sehr empathische Rede zum Thema der sozialen Erhaltungssatzungen. Zu unserer konkreten Situation im Genossenschaftsquartier äußerte Sie: „Die Initiative „Wiehre für alle“ macht vor, wie es gehen kann: Mit einer faktenorientierten und konstruktiven Argumentation machen sie deutlich, was eben oftmals das Problem von großen Abreißmaßnahmen ist […] Wir setzen uns deshalb mit aller Entschiedenheit für eine soziale Erhaltungssatzung ein […] Für uns ist zusammenfassend klar, dass wir mit den Erhaltungssatzungen dafür kämpfen können, bezahlbaren Wohnraum für Mieterinnen und Mieter zu erhalten.“
Für die JPG-Fraktion trat Monika Stein sehr pointiert für den Erhalt des bezahlbaren Wohnraums im Quartier ein stellte dies auch in den Kontext der emotionalen Belastung der BewohnerInnen durch die Situation:
„Damit die Mieter*innen der Baugenossenschaft Familienheim in näherer Zukunft endlich wieder ruhig schlafen können, braucht es für sie die Sicherheit, dass sie in ihren bezahlbaren Wohnungen wohnen bleiben können. Wir wissen aus zahlreichen Gesprächen und von Besuchen vor Ort, wie es dort aussieht: Die kleinen Wohnungen, die als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet werden und deswegen abgerissen werden sollten, um Neubau zu ermöglichen, sind absolut in lebenswertem Zustand. […] Solange Menschen dort leben wollen, ist der Wohnraum zeitgemäß. PUNKT.“
Für die Fraktion der Unabhängigen Liste betonte Frau Dr. Brigitte von Savigny zum einen die Fürsorgepflicht der Genossenschaft gegenüber den BewohnerInnen sowie zum anderen den Insel-Charakter des Quartiers in der Wiehre:
„Die Genossenschaft hat eine Fürsorgepflicht für das zu Hause ihrer Mitglieder, die zum Teil seit Jahrzehnten mit ihren Einlagen und Mieten zum Wohlstand der Familienheim beigetragen haben. Die Bewohnerschaft ist auf den Erhalt des preiswerten Wohnraums angewiesen. Die bescheidenen aber für die überwiegende Zahl der BewohnerInnen akzeptablen Ausstattungsstandards und damit verbundenen preiswerten Mieten erlauben hier Menschen mit niedrigerem und mittlerem Einkommen noch das Wohnen in der ansonsten von Haushalten mit höherem Einkommen geprägten Wiehre. […] Wir als Unabhängige Liste werden einem Abriss der Quäkerstraße nicht zustimmen.“
Im Amtsblatt vom 07.12.2018 auf Seite 2 greift für die Unabhängige Liste Stadträtin Irene Vogel das Thema noch einmal auf: „Ganz im Sinne der Mieterinnen und Mieter… […] Erhalt der Familienheim-Wohnungen um den Wiehrebahnhof und die Verhinderung von Luxussanierungen in Landwasser. Damit das soziale Gefüge in diesen Quartieren nicht bedroht wird, haben wir die Stadt beauftragt, mit Erhaltungssatzungen einzuschreiten, falls Verhandlungen mit den Eigentümern scheitern. […] Wir bleiben am Ball!“
Für die Fraktion der Grünen betonte Stadtrat Timothy Simms in seiner Rede, man könne auf den Hebel der Sozialen Erhaltungssatzungen nicht verzichten: „Wir benötigen eine Wohnungspolitik, die entschlossen agiert. Das bedeutet: Die Akteure auf dem Wohnungsmarkt – seien es Immobilienkonzerne, Bauträger oder Genossenschaften – müssen merken, wie ernst es uns als Stadtrat ist, auch regulierend in Märkte einzugreifen, wenn es die Situation erfordert.“ Die vollständige Rede des Herrn Simms ist hier verfügbar: https://fraktion.gruene-freiburg.de/2018/11/26/wir-koennen-in-freiburg-auf-keinen-hebel-verzichten/
Im Amtsblatt vom 07.12.2018 werden auf Seite 1 die Hintergründe und Ergebnisse der Gemeinderatssitzung zum Thema der sozialen Erhaltungssatzungen zusammengefasst. Ein Foto zeigt den Garten Adalbert-Stifter-Str./Dreikönigstr./Türkenlouisstrasse mit der Bildunterschrift: „Stein des Anstoßes: Im Familienheim-Quartier in der Wiehre will der Gemeinderat den Abriss verhindern.“
Kürzlich hat die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild (ARGE) eine Stellungnahme zu unserem zum Quartier zwischen den Wiehre-Bahnhöfen veröffentlicht. Dort heißt es, die ARGE „hält das Quartier in der bestehenden Struktur für erhaltenswert. Das Quartier ist unserer Einschätzung nach ein herausragendes und weitgehend im Originalzustand erhaltenes positives Beispiel für genossenschaftliches Bauen in schlichten und zweckmäßigen Bauformen.“ Hiermit unterstreicht die ARGE Stadtbild wie auch schon der Freiburger Gestaltungsbeirat im November 2017, dass das Viertel zwischen den Wiehre-Bahnhöfen ein baulich erhaltenswertes Ensemble darstellt.
Pressemitteilung anlässlich der Freiburger Gemeinderatssitzung vom Di, 27.11.2018:
Wiehre für alle begrüßt den weiteren Schritt Richtung Erhalt des Quartiers!
Der Gemeinderat beauftragt die Stadtverwaltung zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Ziel, den Erhalt der Sozialstruktur im Quartier zwischen den Wiehre-Bahnhöfen durch eine Abwendungsvereinbarung zu gewährleisten.
Der gestrige einstimmige Beschluss zeigt: Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder, die durch das Neuerrichtungsvorhaben des Vorstandes der Familienheim Freiburg e.G. eine Gefahr für den Fortbestand der gewachsenen Bewohnerschaftsstruktur sehen, ist seit März weiter deutlich angestiegen. Das gemeinschaftliche Engagements der BewohnerInnen und der 17.ooo Menschen, die sich hinter die Forderung gestellt haben, das Areal zu erhalten, wird nicht übersehen.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Erhalt der Sozialstruktur des gesamten Quartiers mit über 300 Wohnungen und damit die Sicherung der Zukunft der BewohnerInnen nun Inhalt der Zielformulierung für die Verhandlungen ist! (mehr …)
Der Vorstand der Familienheim e.G. hat im November 2018 an die Mitglieder ein Schreiben versandt, das im Wesentlichen den Inhalt widerspiegelt, der hier einzusehen ist. Wiehre für alle hat darauf hin eine Stellungnahme veröffentlicht. Diese wurde am 22.11.2018 vom Koordinationsausschuß einstimmig verabschiedet: Stellungnahme: Wiehre_für_alle, November_2018 (PDF)
Zu dem Vorhaben des Vorstands der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft eG in der Wiehre
Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung am 27.11.2018 und dem dortigen Beschluss zum weiteren Vorgehen in Bezug auf eine soziale Erhaltungssatzung (Milieuschutz) für unser Quartier brachte der Vorstand der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft e.G. mehrere Debattenbeiträge, die nicht unkommentiert bleiben können. Ein Infoblatt zum Vorhaben in der Wiehre wurde im Internet und in der Mitgliederzeitschrift „Familienheim aktuell“ veröffentlicht.1 Darin werden Argumente wiederholt, die den Abriss der Quäkerstr. 1-92 und das Vorgehen von Vorstand und Aufsichtsrat als einzig richtigen Weg erscheinen lassen sollen. Dies betrifft
1. die Sanierbarkeit der Gebäude
2. die „Sozialverträglichkeit“ der geplanten Maßnahmen
3. eine (fehlende) Würdigung der städtebaulich-historischen Dimension des Ensembles und
4. nicht zuletzt die BewohnerInnen-Initiative selbst.
Die Gebäude sind sanierbar. Bei der Bewohnerschaft besteht in der sehr großen Mehrheit kein Interesse an Wohnungen zum heutigen Neubaustandard (Aufzüge, größere Wohnungszuschnitte etc.), sondern an einem behutsamen Umgang mit den Bestandsgebäuden.
Die geplanten Neubauten sind nicht sozialverträglich und führen zu Gentrifizierung. Eine Verdrängung aus dem Quartier ist zu erwarten, da nur für eine Minderheit geförderter Wohnraum – noch dazu mit Befristung – vorhanden sein würde. Auch die angekündigte Vergrößerung vieler Wohnungen aufgrund des von Seiten des Vorstands angeführten „veränderten Wohnbedarfs“ wird bei einem Neubau zu Kostensteigerungen führen. Die Sozialdatenerhebung im Quartier zeigt, dass bereits die bisher günstigen Mietkosten für viele Bewohnerinnen und Bewohner eine große finanzielle Belastung darstellen.
Das Ensemble zwischen den Wiehrebahnhöfen ist städtebaulich relevant. Dies wird z.B. vom Gestaltungsbeirat und dem baden-württembergischen Landesdenkmalamt bestätigt.
Die Voraussetzungen für einen Dialog zwischen BewohnerInnen-Initiative und Vorstand der Genossenschaft waren von Beginn an gegeben. Vom Vorstand angekündigte Infoveranstaltungen haben nicht stattgefunden, ein Treffen mit Mitgliedern der Initiative blieb ohne Konsequenzen. Die vom Vorstand behauptete Anonymität der Initiative entspricht nicht den Tatsachen, da alle Schreiben von BewohnerInnen unterzeichnet wurden und werden. Die Initiative ist basisdemokratisch organisiert, so dass es keine festgelegten Posten/Funktionen gibt. Weitreichende Beschlüsse werden in der Vollversammlung gefasst, Koordinationstreffen bearbeiten aktuelle Anliegen, fassen weniger weitreichende Beschlüsse und bereiten die Vollversammlungen vor. Beide Treffen sind offen.
Auf den folgenden Seiten erörtern wir, warum wir die aktuell erneut veröffentlichten Aussagen vom Vorstand der Familienheim Freiburg Baugenossenschaft e.G. als fragwürdig und auch als ungerechtfertigte Schmälerung des Engagements und der Qualität der vorgelegten Ausarbeitungen von uns – den Mitgliedern der Genossenschaft – ansehen.
Wir halten mit guter Begründung an unserer Forderung des Erhalts unseres bezahlbaren Wohnraums und des Quartiers fest.